Was ist Styrodur (besser XPS)?
Wie "UHU" als Begriff für kleben steht, so ist "Styrodur" ein Markenname (von BASF) und man meint damit XPS (eXtrudiertes PloyStyrol). XPS wurde in den 60-er Jahren von Dow Chemical im Auftrag des Militärs entwickelt. Gewünscht war ein Material mit hoher Druckfestigkeit, extrem leicht, schwer entflammbar, schall- und wärmedämmend, unempfindlich gegen Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen. Heute wird es unter anderem gerne als Wärmeisolierung unter Bodenplatten, an Kellerwänden und Fensterstürzen von Gebäuden verwendet.
Styrodur darf nicht mit dem weicheren und weniger fest geschäumten Styropor (EPS, Expandiertes PolyStyrol, Schaumkugeln oder -kügelchen) verwechselt werden.
Die Farbe des Styrodurs kennzeichnet den Hersteller. Für den Modellbau gut geeignet sind die torsionsfesten und wenig biegbaren Arten (meist haben sie eine höhere Dichte). Ein guter Test: An der Stirnseite der Platte mit dem Finger in die Platten drücken – geht es leicht, ist das Material ungeeignet.
ACHTUNG! Styrodur enthält Styrol, eine schwach riechende, aber hochgiftige Flüssigkeit, die fest gebunden im Styrodurblock wohl unbedenklich ist. Den beim Heißschneiden entstehenden Dampf oder beim Schleifen entstehenden Feinstaub sollte man jedoch keinesfalls einatmen oder über die Hautfeuchtigkeit aufnehmen. Es drohen irreparable Schäden (Allergietyp 4) bis hin zur Zerstörung des zentralen Nervensystems. Natürlich ist dies eine Frage der Intensität/Häufigkeit des Kontaktes und wie anfällig der Einzelne darauf reagiert. Doch lieber ein bischen mehr Vorsicht.
Welches XPS ist geeignet?
XPS gibt es als Bauplatten in unterschiedlichen Dicken und Dichten (= Gewicht und Festigkeit) und Arten (leicht fasrig bis granulatartig). Eher fasrige Platten lassen sich schlechter fräsen und verschleifen, granulatartige mit höheren Dichten haben bei dünnen Flächen eine bessere Torsionsfestigkeit. Auch wechseln Hersteller gelegentlich die Produktbezeichnung und/oder den Aufbau der Platten => es bleibt letztlich nur ein Test. Zum Beispiel einen 10mm-Streifen abschneiden und mit einem 120er Glasgewebe schleifen:
- reisst es auf (schlecht) oder lässt es sich glatt verschleifen und bröselt feiner Staub einfach ab (gut)?
- biegt es sich wie eine Gummimatte (schlecht) oder bricht es beim Biegeversuch mit einem Knackgeräusch durch (gut)?
Als geeignet erscheinen beispielsweise das hellgelbe URSA (nach Platten mit höherer Dichte suchen, die Standardplatte ist zu weich UND - es riecht nach Styrol beim fräsen oder schleifen) oder (persönliche Vorliebe) das rosa Austrotherm (Top30 - aber aufpassen: das Top30 aus der Baustoffhandlung ist einen Tick heller rosa, weicher und weniger geeignet als das Top30 von der Bausstelle, manchmal auch auf ebay). Eine Übersicht gibt es zum Beispiel => hier.
Wo gibt es XPS-Platten?
In Baumärkten (meist eingeschränkte Auswahl oder gar nicht und wenn, dann absolutes Billigzeug und ungeeignet )
In Baustoffhandlungen (führen meist nur einen oder zwei Hersteller - man muss also suchen gehen)
Als Reste von Keller-Außenisolierungen auf Baustellen, wenn man nett und höflich frägt.
Ab und an gibt es Restposten auf ebay
Was kennzeichnet ein Flugmodell aus Styrodur
es ist in sich fest, robust und verwindungssteif (nicht so weich wie EPP oder Styropor),
etwas leichter als Holz, etwas schwerer als EPP,
verzugsfrei (bei Wärme, Feuchtigkeit - im Gegensatz zu EPP oder Holz).
Es ähnelt in der Optik einem klassischen Holzmodell,
fliegt sich sehr präzise und
auf Grund der Festigkeit sind Geschwindigkeiten > 200km/h möglich (ohne Beglasung).
Brüche sind (selbst bei Senkrechtabstürzen) stumpf und werden mit Weißleim über Nacht geklebt.
Die Oberfläche sollte beplankt bzw. verschlossen werden.
Die Trocknungszeiten sind bei Weißleim sehr lang (Abhilfe: UHUpor oder Epoxy, s.u.).
Wie kann man Styrodur bearbeiten?
Mechanische Bearbeitung...
Es eignen sich alle Metallbearbeitungswerkzeuge sofern sie fein und scharf sind. Grobe Werkzeuge rupfen kleine Styrodurbrocken heraus.
fräsen (scharfkantige Fräser, 2-Schneider ca. 1.500-2.500 U/min bzw. 1-Schneider 3.000-4.000 U/min => wenn zu schnell, schmilzt es, wird hart wie Glas, der Schmelzkegel hängt am Fräser und verursacht tiefe Rillen)
sägen (Band- oder Handsäge, feines Metallsägeblatt verwenden)
schneiden (dünnes, scharfes Messer)
feilen (scharfe Metallfeilen oder Holzraspeln für grob)
schleifen (am besten 120er Glaspapier auf Gewebe, ist besser als Sandpapier auf Papier).
Heißdrahtschneiden (Heizdraht) mit CNC-Heizdrahtschneide, selbst gebasteltem Heizdrahtbügel oder einen beliebig geformten Draht auf eine Lötpistole montieren => so kann man je nach Bedarf beliebige Formen schneiden und Rümpfe aushöhlen (Dämpfe nicht einatmen!)
...und Kleben mit:
UHUpor => gibt eine elastische, fest haftende Verbindung, kann wieder getrennt werden (z.B. einkleben von Servos), hält aber extremen Belastungen nicht stand. Beide Klebeseiten dünn einstreichen, 5 bis 8 Minuten ablüften lassen, leicht anheften und positionieren, dann festdrücken.
Weißleim => hier auf jeden Fall einen wasserfesten Leim verwenden (damit die Modelle an Herbstabenden nicht von alleine wieder auseinander fallen). Gut geeignet z.B. Ponal mit der blauen Kappe. Die Verbindung behält eine Restelastizität, was gut bei harten und ungeschickten Landungen ist. Die Klebenähte brechen nicht auf. Der Kleber muss allerdings gut 24h trocknen. Da Styrodur relativ luftdicht ist, können große und vor allem innen liegende Klebeflächen bis zu 5 Tage dauern, ehe sie "durchgetrocknet" sind (man kann hier bspw. mit Nadeln Entlüftungslöcher stechen und dem Trockenvorgang etwas nachhelfen). Vorteil: ein Großteil des Klebergewichtes verschwindet beim Trocknen. Beide Seiten dünn einstreichen, zusammendrücken und fixieren (z.B. mit Klebeband oder mit Gewichten beschweren).
Epoxy => gibt eine absolut feste Verbindung mit leichter Rest-Elastizität. Dafür ist und bleibt dieser Kleber schwer (=> sparsam auftragen). Beide Seiten sehr dünn einstreichen, 2 Minuten festdrücken und weiter gehts...
Flächen lassen sich beispielsweise mit einem 2-Min-Epoxy in kurzer Zeit anheften, der Rest wird mit Weißleim eingestrichen und kann in Ruhe austrocknen.
VORSICHT bei Sekundenkleber! Der normale CA-Kleber frisst und tropft quasi einfach durchs Styrodur durch. Es gibt jedoch speziellen Sekundenkleber für Styropor - der geht. Problem bei Klebungen mit Sekundenkleber sind die harten und spröden Verbindungen. Sie platzen gerne auf...
Verstärken...
mit Carbonstäb(ch)en und -rohren (mit Epoxy bzw. Weißleim einkleben)
Oberfläche verschließen / beblanken
a) Mit Weißleim und "Hemdenpapier"
Als Papiere eignen sich reißfeste Papiere, je nach Modellgröße und gewünschter Festigkeit in unterschiedlicher Stärke (und Gewicht!). Gut geeignet sind die mit einer glatten und rauhen Seite (die rauhe Seite wird aufgeklebt, die glatte später lackiert). Weniger bzw. nicht geeignet sind die weichen, fasrigen Papiere => sie zerreißen bzw. lösen sich auf, wenn sie nass werden. Ein guter Test: das zu verklebende Papier mit Wasser einsprühen (Blumenspritze/leere Pumpflasche Haushaltsreiniger), einweichen lassen und dann leicht ziehen => fasert und reißt es dann, so ist es zu weich und unbrauchbar. Papiere unterschiedlicher Stärken und Gewichte findet man im Abfall:
- das Trennpapier in Hemdenverpackungen oder in Schukartons => meist sehr dünn und leicht
- Einwickelpapier in Blumenläden (ist sogar farbig und ergibt gleich eine „Grundlackierung“) => etwas fester
- In Verpackungsabteilungen/Speditionen (wird von Rollen herunter gerissen, zusammen geknüllt und als Füllmaterial in Verpackungen verwendet) => ist fester, dicker, schwerer
- das klassische Packpapier => meist sehr fest, dick, schwer und stabil, gibt es in unterschiedlichen Stärken
Und so kann mans machen:
Weißleim (Ponal Holzleim, blauer Deckel = wasserfest), diesen 1:1 Wasser/Leim verdünnen
das Papier in Form schneiden, so dass es ca. 1 cm über die Fläche hinausragt
das Papier auf der rauhen Seite (sofern es eine glatte und eine rauhe Seite hat) mit der Blumenspritze und Wasser einsprühen, damit es feucht wird und sich dehnt (sonst gibt es Dehnfalten auf der Fläche)
eine Flächenhälfte mit dem 1:1-Ponal-/Wassergemisch einpinseln (Unterseite zuerst)
das feuchte (nicht tropfnasse) Papier vorsichtig auflegen und von der Mitte aus mit dem Pinsel nach außen glatt streichen. Den Pinsel dabei immer wieder mit dem 1:1-Gemisch tränken und das Gemisch über die Oberseite verteilen => streicht sich besser und festigt zusätzlich
kleine Falten stören nicht, da sich das Papier beim Trocknen wieder zusammenzieht
wenn Luftblasen eingeschlossen sind und sich nicht nach außen zu den Kanten herausstreichen lassen => mit Stecknadel aufstechen und glatt pinseln
Papier an den Kanten einschneiden und auf die Oberseite umschlagen, festpinseln
wenn Unterseite fertig, dann Oberseite auf diesselbe Weise und nach unten umschlagen => so werden die Kanten doppelt belegt und sind hernach stabiler gegen Grashalme etc.
jetzt 24h trocknen lassen => das Gewicht geht um über die Hälfte zurück, wenn das Wasser verdunstet. Zurück bleibt der harzhaltige Ponal und verbindet so Papierfasern mit den Styrodurfasern
...dann folgt die andere Flächenhälfte
Es empfiehlt sich, das zu verklebende Papier zuerst testweise mit Wasser einzusprühen, einweichen lassen und dann leicht ziehen => reißt es dann, so ist es zu weich und unbrauchbar.
b) Mit Glasmatte (25g/m²) und Harz
wird deutlich fester als mit Ponal/Wasser und Papier
leider auch schwerer (bestenfalls 50g/m² mit Vakuumpumpe, ohne ab 70g/m² bis...)
c) Mit Glasmatte (25g/m²) und Parkettlack (auf Wasserbasis)
nicht ganz so fest, wie mit Harz, aber leichter (kleiner 50g/m²)
lässt sich gut und einfach aufbringen
d) Oberfläche verschließen (ohne Beplankung)
a) Ponal-/Wassermischung (3 Teile Ponal, 1 Teil Wasser) oder wasserlöslicher Parkettlack
aufpinseln und trocknen lassen
mit 600er Schleifpapier glätten
zweite Schicht aufpinseln und trocknen lassen
nun kann vorsichtig mit lösungsmittehaltigen Lacken eine erste dünne Schicht aufgesprüht werden. Diese verschließt die Oberfläche weiter und ab dann kann ohne anätzen lackiert werden.
Die Oberflächen werden schön glatt und kratzfest, jedoch nicht druckfest!
b) 1:1-Mischung aus Parkettlack und Leichtbauspachtel
Mischung im Verhältnis 50/50 anrühren und die cremig-dünne Flüssigkeit mit dem Pinsel aufstreichen. zirka eine Stunde trocknen lassen und nochmal wiederholen
mit 600er Schleifpapier glätten
Diese Oberfläche wird hart und deutlich druckfester als unter a) beschrieben. Verwendeter / getesteter Leichtbauspachtel ist Molto Modellier. Es gehen sicher auch andere.
c) Safe Coat (=> Ponal ist günstiger)
es hat die Farbe und Konsistenz wie Ponal und riecht nach Ponal mit einem Schuss Essig
Gewichtszuwachs 50g/m² (dann lieber 25er Gewebe + Parkettlack)
es gibt keine zusätzliche Festigkeit => ein Gegenstand aus ca. 40cm Höhe fallen gelassen gibt denselben großen und tiefen Eindruck, wie unbehandelt.
Lackieren...
Mit Styro-Lacken, wenn nicht beplankt/verschlossen. Lösungsmittelhaltige Lacke fressen das Styrodur an.
Mit lösungsmittelhaltigen Lacken, wenn die Oberfläche zuvor verschlossen/beplankt wurde. Ergibt durch die höhere Härte der Lacke eine zusätzliche Festigkeit. => Empfehlung: Graffity-Lack Montana Black (oder Gold): ist nach ca. 30 Minunten trocken und nach fünf bis sieben Tagen ausgehärtet (kratzfest). Sehr hohe Pigmentierung (einmal sprühen und fertig), eine große Auswahl/Farbpalette und 400ml kosten unter 4,00 EUR (Anfang 2013).
Reparaieren
Wenn mal was eingeschlagen ist... Die Brüche sind in der Regel poröse und glatte Flächen – sie werden einfach über Nacht mit Weißleim wieder aneinander geklebt. Dazu beide Bruchflächen dünn einleimen, zusammen drücken und mit Klebeband fixieren oder die Teile entsprechend beschweren und über Nacht trocknen lassen. Wenns blöder gelaufen ist, wurde das XPS dabei auch noch gestaucht und verdrückt. Man kann versuchen, es wieder "lang" zu ziehen - dies klappt allerdings nur bedingt. Entstandene Ritzen und Löcher mit einem Gemisch aus Holzleim und Leichtbauspachtel wieder verfüllen und verschleifen. In der Regel aber schneidet man das betroffene Stück einfach raus und klebt einen neuen Brocken wieder ein - glatt schleifen, Oberfläche verschließen, lackieren und fertig. Ingesamt gesehen kein Vergleich zur Reparatur eines Holzfliegers (was spätestens mit einem Sack voll Spreißel dann gar nicht mehr geht)...
Anregungen und Verbesserungen sind gerne willkommen => kontakt(at)fly2air.com
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